Wirklichkeiten

 

Seltsam!? Vielleicht unverständlich? Ein Traum? Oder die absolute Wirklichkeit? Möglicherweise Antworten auf unentdeckte Fragen?Seltsam, wirklich seltsam, mein Erlebnis, meine Reise, mein Sein, während mein Körper sich ausruhte. 

Ich lege mich auf das Bett, fühle, wie die Muskeln, die Sehnen, das Gewebe meines Körpers sich entspannen. Die nervliche Spannungsstufe senkt sich, die Schwelle der Erregung meines Körpers erhöht sich, der Kontakt nach außen schwindet, meine nach außen gerichtete Empfindlichkeit beschränkt sich auf die lebenserhaltende Notwendigkeit.

Ich bin gewendet. Mein innerer Kosmos leuchtet mir. Gedanken tauchen auf, wachsen und zerstieben. Andere ziehen vorbei, Sternschnuppen gleich, unmöglich, sie zu erfassen, sie festzuhalten.

Ich beginne, mich zu verlieren und überquere die Schwelle des bewussten Existierens.

Jäh bin ich wach. Eine erhöhte Wachsamkeit, als habe mich eine Linse aufgefangen, konzentriert und zu meiner absoluten Herkunft zurückgeworfen, wo ich ausdehne.

Unmöglich, dies in Worte zu kleiden: Es ist weder fühlen, noch wissen. Man ist : unendlich und ewig: ohne Zeit, Raum und Materie. Alles ist ins Unendliche aufgelöst und verdichtet.

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft heben sich auf.

Das einzigartige Dasein integriert sich: ist das einzigartige Sein. Das Bewusstsein meines Seins verliert sich im allumschlingenden, alldurchfließenden Sein.

Einen Augenblick oder eine Ewigkeit.

Übergangslos wird ein (mein?) mir bewusstes Ich wieder eingefangen, gebündelt, aus dem Mehr extrahiert. Portioniert und eingeschränkt dringt es in einen Körper als Ich der reinen Lebenskraft ein, verbreite sich, wird aufgesogen.

 

Ich bin!?... Wir sind ... existieren!

 

Unmöglich scheint es mir, euch zu beschreiben oder zu erklären, jetzt da ich hier und wach bin, was für ein Wesen ich in jenem Körper bin.  Es ist vielfältiger, anders in der äußerlichen Sinneswahrnehmung, anders im Selbstverständnis, insbesondere in der Verständigung zwischen den Einzelwesen.

Trotzdem möchte ich versuchen, euch eine Vorstellung, entsprechend unserem Verständnis, zu vermitteln: 

Wir sind biologische Wesen, erschaffen durch das variationsreiche Spiel stofflicher Beziehungen und Verflechtungen.

Diese unerschöpflichen Beziehungen formten über Jahrmillionen unsere Welt, unsere Art und auch mich. Bewohner sind wir eines Planeten, der von zwei Sonnen beschienen und gespeist wird. Der Sonnen wegen, deren Strahlen sich überlappen, sind uns Schatten unbekannt. Der Winkel und der Abstand der Sonnen zueinander lassen keinen dunklen Raum zu; es herrscht ewiger Tag. Archaische Ängste der Dunkelheit anderer Welten kennen wir wohl, doch sind sie nicht Teil unserer Geschichte, aber wir haben auch nie mit unseren lichtempfindlichen Sensoren den Sternenhimmel gesehen.

Wir sind körperlich Amphibien; teilweise leben wir im Wasser, zur Nahrungsaufnahme, teilweise auf dem Land, zur Verbrennung der Nahrung durch Aufnahme von Solarenergie.

Wir gestalten unsere Welt nicht mehr nach eigenem nur auf uns bezogenem Gutdünken. Wir säen nicht, wir regen an, fördern und wir ernten, denn Sonne und Wasser, sowie die vom Wasser und im Wasser gelösten Stoffe nähren uns. Wir haben uns vor langer Zeit von der vordringlichen Bestimmung des Daseins durch den Körper entbunden.

Auch wir waren dem Meer entstiegen und hatten das Land erobert und vereinnahmt, hatten um unsere Erhaltung und Fortpflanzung gegen andere Lebewesen und Umwelteinflüsse gerungen, hatten den Planeten unterworfen, ihn uns zum Untertan gemacht, ihn ausgebeutet, seine äonenträchtigen Schöpfungen im kurzen Augenblick unseres Hierseins uns nutzbar gemacht - vernichtet - bis wir erkannten, dass wir wie Parasiten unseren Wirt verspeisten. Bis zum Exzess hatten wir dem Götzen der körperlichen Wirklichkeit gehuldigt, hatten wir uns fortgepflanzt, Paläste für den Körper gebaut, Besitz für seine Erhaltung und Sicherung angehäuft. Wir waren einen Weg gegangen, der uns unvermeidlich zur Selbstzerstörung führte.

Noch zur rechten Zeit offenbarte sich uns, dass wir unterhalb unsere Möglichkeiten geblieben waren. Unser Bewusstsein, unsere Erkenntnisfähigkeit war nicht nur Schaffer einer körperlichen Wirklichkeit, sondern ragte, wurzelte noch im Schoß ihrer Entstehung. In unseren Träumen, Rauschzuständen und im schöpferischen Schaffen waren wir zur Quelle gedrungen und waren ihrer gewahr geworden, aber wir schreckten zurück vor dieser End-, Ziel- und Beziehungslosigkeit, die uns von der Körperlichkeit fortführte. Sich selber schützend, verdeckte, verhöhnte und sprach unsere körperliche Bestimmung ihr jeglichen Sinn und Wert ab. Doch sie, die Lebenskraft selbst, enthüllte sich als nächste Stufe der kosmischen Entwicklung.

Unser individuelles Bewusstsein griff über sich selbst hinaus, über seine biologische - evolutionäre Bestimmung als verbindender nach außen gerichteter Sinn. Es spähte hinein in die Mündung allen Daseins, in den Ursprung seines Selbst, in die Unendlichkeit allen Seins, aber brüsk wurde es auf sich selber zurückgeworfen, sein organisierendes, strukturierendes Wesen drohte vom Chaos aufgelöst und verschlungen zu werden.

Jegliches Wissen, jegliche Empfindung überflutete es. Absolute Dunkelheit und Stille. Weder das Sehen, das Hören, das Riechen, das Schmecken noch das Fühlen konnte dem Bewusstsein diese Welt erschließen. Es konnte sich kein Bild machen, kein Wort konnte sie ihm erschließen, aber es hatte die Einheit erlebt.

Als das Bewusstsein erkannte, dass ihm die Unendlichkeit durch die dem Einzelorganismus immanente Erlebnisfähigkeit zugänglich war, als es begriff, dass nicht es zur Quelle zu streben habe, sondern dass es sich zur Unendlichkeit hin erweitern müsse, auf dass sie zu ihm hinstrebe, öffnete es sich ihr. Erst zögerlich und zaghaft, weil es an den Schmerzen, am Leiden der anderen Organismen über die Unendlichkeit teilhatte, dann aber enthusiastischer und vehementer, als es erlebte, wie das Leid durch die Auflösung der Isolation des Einzelwesens wich.

Je mehr der Einzelwesenstatus sich in den Jahrhunderten auflöste und sich dem lebendigen Organismus aller Wesen und des Planeten eingliederte, desto mehr verließen, veräußerten wir unsere Errungenschaften, die wir der Welt gewalttätig abgerungen hatten und mit denen wir uns zu ihr im Gegensatz, zum Gegenständlichen hin gesetzt hatten.

Unsere Städte, unsere Maschinen sind zerfallen und zurückgekehrt in den Schoß ihres Ursprungs, so wie wir. Aber wir haben unsere Entwicklung nicht aufgegeben, sondern haben sie eingebracht.

Wir sind weiterhin biologische Wesen in einer mannigfaltigen lebendigen Umgebung, die auf uns und auf die anderen Wesen ohne Wertung wirkt und sich an den Körpern ausdrückt, was mithin Zerstörung beinhaltet.

Hier nun sind wir zum Bewusstsein des ökologischen Systems geworden, in dem wir unsere gestalterischen Fähigkeiten, unsere Möglichkeit, Wirklichkeiten zu schaffen, einsetzen, um den Organismus unseres Planeten zu harmonisieren.

Noch sind wir körperlich Einzelwesen, die in individueller Beziehung zu unserer Umwelt stehen, aber das persönliche Leben und Erleben des Einzelnen ist über das Bewusstsein zum Erleben und Leben aller geworden.

Was für ein erregendes, belebendes In-allem-Sein, Alles-Sein und dies über das Bewusstsein des Seins zu genießen.

Ich ... wir nehmen die Unendlichkeit auf, entdecken Welten jenseits unserer Sinne: Sterne, Galaxien, den Kosmos, andere Planetensysteme, andere Lebensformen. Diese unsere Wirklichkeit ist raumlos, zeitlos, zweck- und ziellos. Sie entfaltet und erfüllt sich im erleben.

Wir ... Ich bin in mir! 

Während ich erwachte, erblickte ich die Widerspiegelung meines Körpers im gegenüberstehenden Schrankspiegel: eines Frauenkörpers, der mir, aufblitzend, fremd erschien.

Seltsam, wirklich seltsam! In einem untergehenden Gedanken schien es mir, als habe ich mich beim Einschlafen als Mann wahrgenommen.